Kammern des Schreckens

Sonntag, 9. März 2014

Wann hat Dings Geburtstag?

Julie Cohen: All unsere Träume




Claire und Ben wären das Traumpaar schlechthin. Wäre da nicht dieser verdammte Kinderwunsch. Claires Eizellen sind zu einer Befruchtung leider vollkommen unbrauchbar. Einige Jahre probieren sie alle Möglichkeiten durch, wie sie doch schwanger werden könnte - vergebens. Claire reicht es. Ben jedoch will seine Hoffnung nicht aufgeben. Da hat seine beste Freundin Romily die folgenschwere (Schnaps-)Idee, als Leihmutter für die beiden zu fungieren. Einerseits will sie ihre Freunde glücklich machen, andererseits jedoch würde sie aus Liebe zu Ben alles tun. Wünscht sie womöglich, am Ende ihn und sein Baby ganz und gar für sich zu gewinnen?

Julie Cohens zweiter in diesem Verlag erschienener Roman ist etwas für Frauen. Von Frau, für Frau sozusagen. Das wird mit jeder Faser des dünnen Papiers deutlich, auf dem diese bezaubernde Geschichte gedruckt ist.

Die beiden Frauenfiguren wirken gegenüber den nur hintergründlich agierenden Männerfiguren wie Königinnen gegenüber Hofnarren. Sie sind ausgeprägte, realistische, nachvollziehbare und bewundernswerte Charaktere. Jede für sich individuell und stark. Besonders ans Herz gewachsen ist mir Insektenforscherin Romily, weil sie mich an mich selbst erinnert. Nicht, was die Leihmutterschaftssache betrifft oder die missglückte Liebe, da ist sie ganz eigen mit ihrem Schicksal. Ihre Art ist einfach so erfrischend, wobei ihre Tollpatschigkeit eine tragende Rolle spielt. Ich sollte mir ein wenig von der Erfrischung abkupfern, Tollpatschigkeit habe ich genug. 

Auch, wer sich (wie im Grunde ich selbst) nicht sonderlich für Geburten interessiert, wird seine Freude an dem Roman haben. Außer, man ist ein Mann. Aber an dem Punkt war ich eigentlich vorbei.
Wobei, Männer könnte der Roman natürlich auch gefallen. Wie auch immer.

Ich bin noch ein bisschen weit weg von dem Drang, eine Familie zu gründen. Aber er wird von Cohen außerordentlich nachvollziehbar dargestellt, sodass man sich selbst gut vorstellen kann, eines Tages so zu fühlen wie beispielsweise Claire. 

Der Roman ist voll überquellender Liebe, aber nicht so sehr, dass man davon kotzen möchte. Es gibt nicht ausschließlich Harmonie, denn er ist auch voll Verwirrung und widersprüchlicher Gefühle. Verzweiflung wird ebenso glaubhaft dargestellt wie die verschiedenen Perspektiven. Man merkt, dass sehr viel von tatsächlichen Frauenschicksalen und -erfahrungen übernommen wurde, komprimiert wurde. Auch das macht die Authentizität dieses Romans aus.

Der Schreibstil ist überhaupt nicht kitschig. Man wird durch stimmige Szenen, von einem sanften Humor getragen, von zauberhafter, aber auch verzweifelter Realität. 

Fazit: Ein bezaubernder Frauenroman, in welchem die Liebe ganz und gar ansteckend ist.

(Quelle: randomhouse)

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